Erinnerungstafel Eugen Reclam

Der Maschinenbauingenieur Eugen Reclam (1867 – 1927) stammt aus einer Stettiner Juristenfamilie. Er ist über seine Vorfahren tatsächlich mit dem bekannten Leipziger Verleger Phillip Reclam verwandt. Eugen Reclam nahm eine Anstellung in der Burgauer Holzstofffabrik August Frommolts an und heiratete 1903 in die Unternehmerfamilie ein. Reclam übernahm die Fabrik und verkaufte sie 1909 an die Firma Zeiss, die an der Stelle der Fabrik ein Elektrizitätswerk baute. Reclam leitete es.

Reclam war Bürger der Gemeinde Burgau geworden und hatte um die Wende zum 20. Jahrhundert einen entscheidenden Einfluss auf Burgau und die Burgauer genommen. Er hatte sie zu einer aufgeschlossenen bürgerlichen Einstellung bewegt. Er war einer der herausragenden Bürger von Burgau.
Reclam trat selbst engagiert für konkrete Projekte der Gemeinde ein. So zum Beispiel für die Pflasterung der Burgauer Dorfstraße. Er tat das überlegt, umfassend und gründlich. So besuchte er mehrere Steinbrüche, um das geeignetste Material für die Pflasterung zu finden. Bei allem Engagement für die Belange Burgaus blieb er in dieser bewegten Zeit ihr Einwohner. Er wurde zum Gemeinderatsvorsitzenden gewählt und war das bis zu seinem Tod. Reclam hatte den Gutsacker auf dem Burgauer Schlossberg gekauft und das Projekt eines ländlichen Wohnparks aus Ein- und Zweifamilienhäusern entwickelt. Das Vorhaben erforderte zunächst, einen von der Bezirksverwaltung bestätigten Ortsbebauungsplan zu erarbeiten. Eine Aufgabe, die Konzepte und vielfältige Beratungen und Einigungen erforderte. Neu-, Um- und Erweiterungsbauten sollten sich dem „dörflichen Heimatcharakter“ unterordnen. Auch die Jenaer Behörden waren daran interessiert und unterstützten das Projekt. Der Jenaer Stadtführer von 1912 schmückt seinen Einband mit dem Bild vom ersten Haus des Reclamschen Landhaus-Projektes. Gebaut wurden zwei von einem Torhaus verbundene Häuser mit einer westlich vorgelagerten Brücke über den ehemaligen Burggraben, die nach seiner Frau benannte „Marthabrücke“, wie es auch der Namenszug am Bogen der Brücke verrät.

Reclam war ein engagierter Bürger in Burgaus und Jenas Öffentlichkeit. So war er Geschworener am Schwurgericht in Rudolstadt, Mitglied der Landessynode der Evangelischen Kirche, er führte die Ortsgruppe Jena der Technischen Nothilfe, war Mitglied des sehr aktiven Burgauer Gesangvereins, des Jenaer Geologischen Vereins und des Jenaer Vereins für Heimatgeschichte. So sprach sich Eugen Reclam 1911 in zwei Beiträgen in der Jenaer Zeitung aus Naturschutzgründen gegen den Bau einer Drahtseilbahn aus dem Pennickental über den Johannisberg nach Göschwitz zum geplanten Kalkwerk aus. Es ist die persönliche Tragik Eugen Reclams, dass seine Frau im zweiten Kriegsjahr starb, er seine kinderreiche Familie dann allein führte und umsorgte, der 1. Weltkrieg das angesparte Vermögen vernichtete, ihn zwang, sein vorbereitetes Projekt fallen zu lassen und seinen restlichen Landbesitz zum Erhalt seiner Familie zu verkaufen.

Reclam ist eine Persönlichkeit, an der sich die Burgauer immer wieder ein Beispiel nehmen, die sie aus der Ortsgeschichte kennen und schätzen. Die Stadt Jena hatte ihn 2015 mit einer Gedenktafel gewürdigt und der Verein „Die Burgauer“ bedachten ihn mit zwei Beiträgen im „Burgauer Almanach“.

Dietmar Maetzig

Weiterführende Literatur

Kessler, T. (2014): Familie Reclam. – Burgauer Almanach. Beiträge zur Ortsgeschichte 2014: 20-28

Kessler, T. (2016): Gedenktafel für Eugen Reclam in Burgau. – Burgauer Almanach. Beiträge zur Ortsgeschichte 2016: 97-98