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Burgruine Burgau
Im 12. Jahrhundert riefen König Konrad und auch Kaiser Friedrich Barbarossa fränkische Edelfreie nach Thüringen, um die Ostgrenze ihres Reiches gegenüber anderen Völkern zu sichern. Die Gerufenen kamen und erfüllten ihren Auftrag.
Mit Reichsgut aus dem Umfeld von Lobeda hatte der Kaiser die fränkischen Herren von Auhausen belehnt. In der Mitte des 12. Jahrhunderts errichteten sie sich bei Lobeda die stattliche Lobdeburg und nannten sich fortan nach ihr die Herren von Lobdeburg. Sie entwickelten sich zu einer bedeutenden, einflussreichen Herrscherfamilie Ostthüringens. In den Jahren der größten Ausdehnung ihres Besitzes, 1220 bis 1250, erstreckte sich das Gebiet der Lobdeburger von nördlich von Jena, über die Täler der Roda, Orla, Wiesenta und Oberen Saale bis nach Elsterberg (Großkopf 1929). 1216 und noch einmal um 1220 teilte sich die Familie in mehrere Linien.
Zum Anfang des 13. Jahrhunderts errichteten die Lobdeburger auf der westlichen Saaleseite auf dem den Flussübergang überragenden Felsen zur Sicherung des Saaleübergangs eine Schutzburg, die Burg Burgau. Auf diesem günstig gelegenen Sandsteinfelsen sind bronzezeitliche Siedlungen schon vor über 2000 Jahren belegbar. Eine, der bei der Familientrennung entstandenen Linien, nannte sich die Herren von Burgau oder Burgowe. Ihr Ahnherr, Hartmann V. von Burgau, regierte die Familie von 1221 bis 1251. Die Familie besaß Burgau, den Ort Lobeda und Besitzungen um Jena, doch nicht in Jena. Die Lobdeburg blieb in der Hand des Zweiges der Lobdeburger, der fortan die Leuchtenburg bewohnte. Wohl ebenfalls zum Anfang des 13. Jahrhunderts baute die Familie die untere Lobdeburg (die Stadtburg). Sie diente der Familie der Herren von Burgau als Wohnstätte. 1267 bekunden die Brüder Hartmann und Otto von ‚Burgowe‘ dem Oberweimarer Nonnenkloster, ihm am Berg der Lobdeburg einen Weinberg verliehen zu haben. Im modernen Wettstreit, ein altehrwürdiger Ort zu sein, wurde diese Urkunde genutzt, um auf die Existenz des Ortes Burgau hinzuweisen. Zur Burg Burgau liegt ein ausführlicher Grabungsbericht von Rupp (2022) vor.
Vom Ende des 13. Jahrhunderts sind uns drei Brüder aus der Linie der Herren von Burgau bekannt. Der älteste, er nennt sich selbst „Hartmann XII. von Burgau wohnhaft zu Lobdeburg“ (1297-1353), wohnt im Lobedaer Stadtschloss und ist bestrebt durch gute Kontakte zur mächtigen Kirche seine Ländereien und Rechte in eigener Hand zu behalten. Er wird zum Vater des thüringisch-osterländischen Zweiges der Burgauer. Der letzte Beleg vom Leben des letzten Repräsentanten dieses Zweiges ist 1448 ein Schreiben des Johannes IV. von Lobdeburg-Burgau.
Ansicht der Burg Burgau von Osten (Ausschnitt aus der Federzeichnung „Das Haus Burga und das Dorf Winzerla“ von Friedrich Hortleder in Tabellarische Beschreibung des Amtes Jena, Landesarchiv Thüringen – Hauptstaatsarchiv Weimar, Familiennachlass Hortleder/Prueschenk Nr. 42, Bl. 91). Neben der realitätsnahen Zeichnung kursieren von der Burg auch phantasievolle Abbildungen.
Die Brüder von Hartmann XII. - Otto X. von Burgau (1297-1345) und Otto XI. von Burgau (1298-1350) – sahen in ihrer Burgau-Lobedaer Heimat schon frühzeitig keine Zukunft. Sie boten dem Markgrafen von Meißen - er war zugleich der Landgraf von Thüringen - ihren Anteil an der Burgauer Herrschaft und ihre Dienste an. Sie wurden ihm Berater und traten in Mitteleuropa als Diplomaten auf. 1305 war die Burg Burgau wettinisch. Der Übergang der Burg in den Besitz der Meißner Markgrafen und der Dienst der beiden Herren von Burgau bei ihnen zeugen von der erfolgreichen Expansionspolitik der Markgrafen. Die beiden Brüder erwiesen sich als geschickte Diplomaten, waren bald in Sachsen, bald in Thüringen. Man weiß, dass Otto XVI. von Burgau 1458 noch am Landtag teilgenommen hatte. Zwei Jahre später galt er als verstorben. 1460 lebte als einzige Person der Familie nur noch seine Tochter Barbara von Burgau. Sie war die letzte Lebende der gesamten Lobdeburgischen Familie.
Detaillierte Angaben zur Burg fehlen uns. 1305 war das stabile Haus auf dem Felsen, mit einer guten Anfahrt von der Rückseite her, wettinisch. 1383 war die Schutzburg zum Sitz des ersten sächsischen Verwaltungsamtes geworden, also des ältesten aller sächsischen Verwaltungsämter. Es war das Amt Burgau.
1445 teilten sich zwei wettinische Brüder ihren Familienbesitz. Wilhelm III. (Landgraf von Thüringen) bekam Jena, sein Bruder Friedrich II. (Kurfürst von Sachsen) Burgau einschließlich Lobeda und die Lobdeburg. Die aufgeteilte Region war für den Gesamtbesitz der Fürsten belanglos, doch sie bildete einen Ansatzpunkt für weitere unsinnige Streitereien, die in den sächsischen Bruderkrieg von 1446 bis 1451 führten. Die Burg Burgau wurde 1450 belagert und von einer Burgbesatzung verteidigt. Die kampflose Übergabe lehnte der Gegner ab. Die Lobdeburg und die Burg Burgau wurden im Krieg zerstört, einige Dörfer niedergebrannt und tausende Menschen getötet. Die Laune der Fürsten schlug um. Ernst und Albrecht, die Söhne und Erben des inzwischen verstorbenen Friedrich II., einigten sich mit ihrem Onkel Wilhelm auf die Anerkennung der Festlegungen von 1445. Keiner wurde zur Rechenschaft gezogen oder entschuldigte sich.
Die Burgauer Burgruine wurde wieder etwas hergerichtet und nun Schloss genannt. Sie wurde zusammen mit dem Rittergut Burgau verpachtet. Die Pächter – Familie Tröster - richteten sich in den stabilen historischen Mauern ihre Wohnungen ein.
Dann erlebte auch Burgau den Dreißigjährigen Krieg. Familie Tröster hatte Rittergut und Schloss als Mannlehen übernommen. Als Besitzer zogen sie hintereinander mit ihren Pferden in den Krieg und büßten mit ihren Leben. Vormünder verwalteten den Besitz für die Kinder. Die Burg wurde schwedischen Soldaten zum Biwak zugewiesen, die sie aus Unachtsamkeit in Brand setzten. Nun war sie nicht mehr bewohnbar. Ein Wiederaufbau gelang nach dem Krieg nicht. Die Burg Burgau verfiel und wurde zum Baumaterialspender. 1755 wurde sie schließlich abgerissen. Lediglich Reste der Grundmauern sowie der Burggräben sind noch in einem privaten Garten - auf dem Felsen über der Saale – zu finden und zeugen von der einst stattlichen Burganlage. Diese sind als Kulturdenkmal geschützt.
Reste der Grundmauern der Burg Burgau in einem privaten Garten auf dem Felsen über der Saale (Fotoautor unbekannt)
Weiterführende Literatur
Fiedler, W. (2024): Die Burgauer Burg um 1630. – Burgauer Almanach. Beiträge zur Ortsgeschichte 2024, S. 22-29
Jonscher, R. (2012): Von Ammerbach bis Zwätzen. Aus der Geschichte der Jenaer Vororte. - Bausteine zur Jenaer Stadtgeschichte 15: 480 S.
Großkopf, H. (1929): Die Herren von Lobdeburg bei Jena, ein thüringisch-osterländisches Dynastengeschlecht vom 12. bis zum 15. Jahrhundert. – I. K. G. Wagnersche Buch- u. Kunstdruckerei, Neustadt a. d. Orla
Rupp, M. (2022): Die Burg Burgau bei Jena. – Burgauer Almanach. Beiträge zur Ortsgeschichte 2022, S. 19-54
Seibt, S. (2007): 750 Jahre Burgau an der Saale. Geschichtlicher Abriss 1257 bis 2007. – Burgau, 96 S.